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DFG Sachbeihilfe

Post-Global Aesthetics

Welt(er)schöpfung in lateinamerikanischen Literaturen des 21. Jahrhunderts

(English version see below)

In der vergangenen Dekade ist das optimistische Globalitätsparadigma, das auf kulturtheoretischer Seite seine Entsprechung in neuen universalistischen und kosmopolitischen Diskursen gefunden hatte, angesichts vieldimensionaler Krisenerfahrungen endgültig an ein Ende gekommen, ohne dass reale Vernetzungsphänomene dadurch obsolet geworden wären. In dieser Situation stellt sich nicht zuletzt die brennende Frage nach alternativen Konzepten von Globalität – auch und gerade in der Literatur. Die jüngsten Tendenzen lateinamerikanischer Literaturen können dabei als wegweisend für post-globale Ästhetiken weltweit gelten: Wie in keinem anderen Raum hat die Literatur hier gleichermaßen die Asymmetrien von Globalisierungsprozessen reflektiert und ist zugleich durch eine starke Anbindung an westliche Märkte und Erzählformen weltweit zirkuliert.

Untersucht wird ein breit angelegtes Korpus aus lateinamerikanischen Texten des 21. Jahrhunderts, wobei der Begriff der Welt(er)schöpfung in die Debatte um das Post-Globale eingebracht wird. Er richtet sich auf die Ambivalenz zwischen krisenhafter Erschöpfung von Globalisierungspraktiken und theoretischen Weltvorstellungen einerseits und produktiven, neue Imaginarien des Globalen entwerfenden Weltschöpfungsprozessen andererseits. Welt(er)schöpfung betrifft insbesondere Erzählungen rund um Ökologie, Anthropozän und Geopoetik, technologische Entwicklungen im Kontext der digitalen Revolution sowie epidemische Realitäten und Fiktionen, thematische Schwerpunkte des Projektes, die insbesondere in ihrer Verflochtenheit Aufschluss versprechen.

Der zentralen Forschungsfrage nach Phänomenen der Welt(er)schöpfung in post-globalen Literaturen Lateinamerikas soll in zwei komplementären Teilprojekten nachgegangen werden: Das erste Teilprojekt erarbeitet die literarische Formensprache post-globaler Ästhetiken und fragt nach neuen Weltentwürfen. Das zweite Teilprojekt untersucht die materiellen Aspekte der Literatur und macht kontextbezogene Ansätze der Produktions-, Zirkulations- und Rezeptionsforschung stark: Wie wird Weltliteratur in post-globalen Zeiten gemacht?

Das Projekt wird von der DFG gefördert und läuft bis Ende 2026.

 

World Creation and Exhaustion in 21st Century Latin American Literatures

Over the past decade, the optimistic paradigm of globality, which had found its cultural-theory counterpart in new universalist and cosmopolitan discourses, finally came to an end in the face of multidimensional crises. However, this did not render the tangible phenomena of connectedness obsolete. Under these circumstances, the burning need for alternative concepts of globality – including, and especially, in literature – has grown especially apparent. The latest trends in Latin American literatures can be seen as role models for post-global aesthetics worldwide. Artists there, more than anywhere else, have been responding to the asymmetries of globalization processes in works of literature that enjoy worldwide circulation thanks to their strong ties to Western markets and narrative forms.

The project examines a broad-ranging corpus of twenty-first-century Latin American writings, introducing the concept of Welt(er)schöpfung (world exhaustion and creation) into the debate on post-globality. The concept is a two-sided coin combining the catastrophic exhaustion of practices of globalization and theoretical notions of the world, on one side, with productive processes of world creation that propose new imaginaries of globality, on the other. Welt(er)schöpfung is particularly concerned with narratives around ecology, the Anthropocene, and geopoetics; technological developments within the context of the digital revolution; and epidemic realities and fictions. These themes are central to the project and promise to deliver ample insights, especially given their entanglement.

The central research question regarding phenomena of Welt(er)schöpfung in post-global Latin American literatures, will be investigated in two complementary sub-projects. The first sub-project is documenting the post-global aesthetic repertoire of literary forms and seeking out new models of the world. The second sub-project, meanwhile, is considering material aspects of literature, emphasizing contextual approaches to production, circulation, and reception research. How is world literature created in a post-global era?

The project is supported by the German Science Fund (DFG).